Samstag, 6. Juni 2009

Karstadt Harburg und die Rettungsaktionen Harburger Politiker


Wenn Hans-Ulrich Klose extra aus Berlin in seinen Wahlkreis und in die Karstadt-Filiale in Harburg kommt, um sich einen Nassrasierer zu kaufen, die HAN berichtete, dann muss Karstadt Harburg doch einen bundesweit guten Ruf haben. Aber Scherz beiseite!

Die Harburger Politiker haben großen Einsatz gezeigt und sich in der Presse auch schön in Szene gesetzt: Hagedorn schneidet mit Dieboldt eine Jubiläumstorte an, SPD-Abgeordnete sammeln Unterschriften für die Rettung von Karstadt mit Steuergeldern, Hans-Ulrich Klose macht sich beim Harburger Filialleiter und dem Betriebsratsvorsitzenden schlau für seine Berliner Arbeit.

Nun sei vorab zugegeben, dass die Harburger Karstadt-Filiale stadtentwicklungspolitisch am Eingang zur Lüneburger Straße eine bedeutende Rolle spielt. Ob das Kaufhaus-Konzept, das Karstadt repräsentiert, so heute noch tragfähig ist, beantworten selbst Experten unterschiedlich.

Vorausgeschickt sei ,dass meine Frau  übrigens Karstadt-Fan und auch Fan der Harburger Filiale ist.

Trotzdem einige kritische Bemerkungen zur Harburger Filiale:

Ich war erst kürzlich sauer, weil Karstadt wie auch die meisten Konkurrenten beim Matratzenkauf mit Mondpreisen arbeitet, die dann gleich durchgestrichen erscheinen. Sie liegen bei Karstadt auch erheblich über den eigentlichen Preisen, durchaus 200 bis 300 Euro.

Das ist aber nur eine Kritik nebenbei.

Dieses Kaufhaus ist jedoch Teil einer Entwicklung der letzten Jahre zu immer mehr Überwachung der Kunden. Hinter der vordergründigen Glitzeratmossphäre verbirgt sich ein System der Kontrolle der Kunden und Mitarbeiter. Dies dürfte bei den  meisten großen Kaufhäusern so sein.

Aber bei Karstadt Harburg wird es für mich am deutlichsten, möglicherweise weil die Ladendetektive am auffälligsten observieren, möglicherweise auch demonstrativ observieren. Der Herr Dieboldt sollte also nicht nur schön für die Presse posieren, sondern die Harburger Bürger über ein paar Dinge aufklären:

Gibt es ein Prämiensystem für Hinweise auf mögliche Ladendiebe, das Mitarbeiter zu Kundenjägern macht?

Gibt es Überwachungsmaßnahmen für Mitarbeiter ähnlich wie bei Lidl u.a.?

Wird die gesamte Filiale flächendeckend von Kameras überwacht?

Werden Kundengespräche mitgeschnitten und dann möglicherweise zu Schulungszwecken ausgewertet?

Gibt es ein Personenerfassungssystem, in dem Personen mit Eingangskameras erfasst und mit Haus-eigenen Dateien abgeglichen werden.

Wie sieht es mit der Entlohnung aus?

Wird Arcandor ein System der Mitarbeiterbeteiligung einführen?

Ich selbst lasse mir bei Karstadt Harburg, wenn sich mal ein Einkauf nicht vermeiden lässt, auch bei kleinen Beträgen in jedem Fall den Kassenbeleg und möglichst auch noch eine Tüte geben. 

Unterstützung für eine Rettung zum Ausgleich schwerer Managementfehler mit Steuergeldern gäbe es bei mir also nicht zum Nulltarif. Wenn Frau Dr.Merkel, v. Guttenberg, Frank-Walter Steinmeier unter dem Druck der Wahlkampfsituation Arcandor helfen sollten, dann hoffentlich mit einer Lösung, die etwas für die Mitarbeiter tut.

In den letzten zwanzig Jahren sind viele Branchen gegenüber den Kunden bei Preisgestaltung, Austricksen von Wettbewerb, Überwachung etc. immer dreister geworden. Diese Entwicklung muss zurückgedreht werden. Ob uns unsere Politiker dabei unterstützen oder lieber nur Pressefotos organisieren?